Sensationelle Aufholjagd
Beim Stand von 18:22 acht Minuten vor Schluss scheint das Spiel entschieden zu sein. Als Alexander Volsdorf nach Gunnar Heise auch noch eine Zeitstrafe sieht, steht Spradow nur noch mit vier Mann auf dem Feld. EURo-Spielertrainer Dirk Schnake erzielt von Linksaußen das 23:18 – die Partie nimmt rasant an Dramatik auf. Jan Frederik Koebke trifft in doppelter Unterzahl zum 19:23 und fliegt Sekunden später nach einem Foul ebenfalls vom Feld. Für wenige Momente ist die HSG nur noch zu dritt. EURo bekommt einen Siebenmeter, doch Björn Rollwitz wehrt den Wurf von Sven Barthel ab. Spradow ist in Ballbesitz – und wieder einen Mann mehr.
Immer noch in doppelter Unterzahl, trifft Daniel Overlack zum 20:23, erneut gewinnen die Gäste hinten den Ball. Overlack macht vorne das 21:23, Koebke trifft einen weiteren Ballgewinn später zum 22:23 (55.). Verzweifelt legen die EURo-Verantwortlichen die grüne Karte. Haben die Gastgeber Angst vorm Gewinnen? Die Auszeit fruchtet nicht, Dimitri Rausch markiert bei noch vier Minuten auf der Uhr den Ausgleich. Wenig später spielt Spradow in Überzahl, Schnake scheitert an Rollwitz und vorne bekommt Spradow einen Siebenmeter. An diesem Tag ist das kein Geschenk. Denn Reinhard »Rudi« Kollmeier macht die Gäste ratlos. Vier Siebenmeter hatte der Torwart schon entschärft. Dieses Mal schnappt sich Koebke selbstbewusst den Ball – und »Schwiddi« donnert das Leder flach zum 24:23 ins Tor. Führung! Noch drei Minuten. EURo, ohne Rückraumass Sören Hersemann angetreten, hat acht Minuten nicht mehr getroffen, als Sven Barthel eine Minute vor dem Ende das 24:24 gelingt. Spradow spielt die nächsten 30 Sekunden herunter, bis Malte Mischok die grüne Karte legt. Nach der Auszeit schließt Koebke relativ schnell ab, es bleiben noch 42 Sekunden für die Gastgeber. Spradow deckt nun offen und versucht, mit Fouls die Zeit herunterzuspielen. Das gelingt, die Partie erinnert an American Football. Schritt für Schritt transportiert EURo den Ball weiter nach vorne. Daniel Overlack sieht vier Sekunden vor Schluss für ein etwas zu hartes Einsteigen die rote Karte. Noch einmal hat EURo etwa acht Meter vorm Kreis Freiwurf – die HSG spielt sich durch und kommt zum Wurf – aber Rollwitz ist zur Stelle.
»Wir machen den Sack nicht zu. Wenn wir den Siebenmeter kurz vor Schluss reinmachen, gewinnen wir das Spiel«, ärgert sich Dirk Schnake auf dem Weg in die Kabine. Angesichts des Spielverlaufs muss sich das Unentschieden für EURo wie eine Niederlage anfühlen. »Wir können damit besser leben«, sagt Mischok. Seine Mannschaft ist ohne die Langer-Zwillinge in der Abwehr zunächst hinten ziemlich offen und zeigt zu wenig Aggressivität. Auch vorne fehlt die Linie. Bis zum 10:10 ist die Partie ausgeglichen, doch dann setzen sich die Gastgeber bis zur Pause auf 15:11 ab und machen daraus ein 17:11. Nach dem 18:12 leistet sich Spradow gleich sechs Fehlwürfe oder Stürmerfouls. So kann die Wende nicht mehr klappen – aber sie gelingt. »Wir haben schlecht gespielt und können mit der Leistung nicht zufrieden sein«, räumt Mischok hinterher ein.
»Aber im Moment überwiegt die Erleichterung über den Punkt. Nach einem 18:23 noch Unentschieden zu spielen, ist gut. Aber es ist schade, dass wir uns immer wieder selber in solche Situationen bringen. Wir hatten uns diesen deutlichen Rückstand förmlich erarbeitet.« Außerdem stellte der Trainer fest, dass »man mit vier verworfenen Siebenmeter kein Spitzenspiel gewinnen kann«. Aber für ein Unentschieden kann’s dann doch noch reichen.
HSG Spradow: Nolte, Rollwitz – Brandt (1), Iffland (4/1), Rausch (2), Heise (3), Overlack (5/1), Volsdorf (1), Taubenheim (2), Koebke (6/1), Sturhan (2/1), Nehl.