Wie im Rausch

Bünde(BZ). Klares Zeichen gegen den Abstieg: Handball-Verbandsligist HSG Spradow stemmt sich mit aller Macht gegen das Schreckenszenario Landesliga. Das Kellerkind fertigte dank einer starken Leistung und einem starken Torwart Daniel Habbe zwischen den Pfosten das partygeschädigte Topteam TSG Harsewinkel mit 30:25 (14:14) ab. Ein Nichtabstiegsplatz ist nur noch einen Punkt entfernt.

Als seine Spieler schon vor dem Bildschirm Platz nehmen, um das EM-Finale zu verfolgen, musste Markus Hochhaus noch ein paar Fragen beantworten. Was er denn, mit dieser Mannschaft gemacht hat, die in der Hinrunde extrem verunsichert auftritt und in 14 Spielen nur einen Sieg einfährt, gemacht hat? »Joa«, sagt der gebürtige Pfälzer: »Die Mannschaft ist konzentriert.« Und sie ist voll fokussiert auf den Abstiegskampf. Und sie ist wieder eine Mannschaft. Die Bilanz der seit der Rückrunde andauernden Ära Hochhaus: vier Spiele, drei Siege.

Spradow 2016 ist mit dem aus der Hinrunde nicht mehr zu vergleichen. Selbst gegen Topteams wie Harsewinkel traut sich die HSG jetzt etwas zu. Das wird gestern Nachmittag sofort deutlich. Spradow lässt sich von 2:4- und 4:7-Rückstanden nicht irritieren und beißt sich in das Spiel hinein – 7:7. Noch einmal legt Harsewinkel eine Zwei-Tore-Führung vor, doch wieder gleicht Spradow aus. Nach einem Fehlwurf von Luca Sewing beim 10:10 läuft Dennis Borcherding einen Tempogegenstoß. René Hilla holt den Neu-Spradower. Den Schiedsrichtern Brandt/Thies bleibt nach kurzer Beratung keine andere Wahl als die rote Karte. »Das hat uns natürlich in die Karten gespielt«, sagt Hochhaus. Daniel Danowsky verwandelt den fälligen Siebenmeter zur ersten Führung (17.), die die HSG bis auf 14:12 ausbaut. Dass es nur mit einem 14:14 in die Pause geht, liegt auch an einer Unaufmerksamkeit von Julian Peitzmeier. Nach einer Habbe-Parade beim Stand von 12:11 lässt er sich den Ball von Max Julian Stöckmann aus der Hand klauen – Ausgleich. Und nach einem langen Ball von Habbe rempelt der aus seinem Tor geeilte TSG-Torwart Johnny Dähne Nils Hohnsträter um. Wieder kommen Brandt/Thies zur Beratung zusammen. Spradows Fans fordern eine rote Karte die nicht angemessen wäre, Dähne wartet demütig auf das Urteil der Schiris: Freiwurf für die TSG. Ballbesitz für Spradow hätte es auch getan.

Mit Dähne und Habbe stehen zwei der besten Verbandsliga-Torhüter zwischen den Pfosten und überbieten sich im Minutentakt mit Paraden. Einmal fordert Habbe seinen Gegenüber sogar im direkten Duell heraus: Sein Wurf zehn Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit landet aber knapp über dem Tor. So bleibt es beim 14:14 – ein angesichts der Torhüterleistung beachtliches Resultat.

Nach Wiederbeginn geht Spradow durch einen von Danowsky verwandelten Siebenmeter und ein Tor des starken Orgel 16:14 in Führung – und gibt diese Führung bis zum Schlusspfiff nicht mehr ab. Bei Harsewinkel ist die Luft raus. Leistungsträger Florian Öttking ist schon nach wenigen Minuten völlig ausgepowert, Luca Sewing hat trotz fünf Feldtoren unübersehbare Ladehemmungen und Moritz Stumpe schleicht mit einem weißen Handtuch auf dem Kopf durch die Moning-Halle. Die Ursachenforschung dürfte Trainer Manuel Mühlbrandt nicht schwer fallen. Sein Co-Trainer Timo Schäfers hat am Vorabend mit 150 Mann seinen Geburtstag gefeiert – bis in die frühen Morgenstunden. Die Vorverlegung der Partie wegen des EM-Finales um eine Stunde kommt Harsewinkel nicht entgegen.

Spradow trifft vorne zuverlässig und zieht dem Gegner mit starker Abwehrarbeit den Zahn. Und wenn doch einer durchkommt, ist Daniel Habbe zur Stelle. Als er kurz vor Schluss den Gegenstoß des freistehenden Max Stöckmann entschärft, klatscht selbst Johnny Dähne leise Applaus. Spradow baut den Vorsprung bis auf fünf Tore aus und feiert den dritten Sieg in Folge. Hörste und das rettende Ufer sind nur noch einen Punkt entfernt. »Alles ist gut«, bleibt Hochhaus bodenständig. »Jetzt gibt es ein spielfreies Wochenende vor dem Spiel in Porta. Wir haben Zeit zum Trainieren.«

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