„Du spielst auf der falschen Position“

Handball: Für seine Ausdauerqualitäten erhält Spradows Torhüter Julian Scholz spaßige Kommentare seiner Mitspieler. Doch beim Präventionstraining geht es noch um einiges mehr.

Von Andreas Gerth. Bünde.

Bei der abschließenden Ausdauereinheit waren schon über 30 Durchgänge absolviert, da lief Julian Scholz noch immer. Erst als alle anderen nach und nach ausgeschieden waren, weil sie in diesem quälenden Steigerungslauf nicht rechtzeitig die Zielzone erreichten, und schließlich auch die ebenfalls lange durchhaltenden Maurice Schirge, Noah Cardoso und Paul-Lennart Hellmann die Segel strichen, ließ sich irgendwann auch Julian Scholz ausgepumpt und platt wie ein Maikäfer auf den Boden fallen.

Das schweißtreibende Finale: Niels Pfannenschmidt vom Präventionszentrum Ostwestfalen-Lippe bereitet die Spieler des Handball- Verbandsligisten HSG Spradow auf die letzte Trainingseinheit vor – die hat es noch einmal in sich. FOTOS (3): ANDREAS GERTH

Das anerkennende Lob für den Torhüter der HSG Spradow bekam er von seinen Teamkollegen: „Klare Sache, du spielst auf der falschen Position !“ Trotz der Anstrengung hatten die Spieler des Handball-Verbandsligisten ihren Spaß. Das lag zum einen daran, nach Monate langer Pause endlich wieder zum Handballtraining in die Halle am Herzogweg zu dürfen, zum anderen an den Übungen, die Niels Pfannenschmidt vom Präventionszentrum Ostwestfalen-Lippe zu diesem etwas anderen Training mitgebracht hatte. »Wir können ja nicht einfach wieder volle Pulle aufs Tor werfen« „Wir können ja nicht loslegen, uns den Ball schnappen und einfach wieder volle Pulle aufs Tor werfen. Eine Pause von acht Monaten gab es noch nie und erhöht die Gefahr von Verletzungen beim Wiedereinstieg ins Training deutlich. Deshalb möchten wir die Vereine und Trainer, vor allem aber auch die Spieler selbst für diese Übungen sensibilisieren“, erklärt Niels Pfannenschmidt. Und er – als EHF-Mastercoach, ehemaliger Profitrainer bei GWD Minden und TBV Lemgo sowie jetzt für die A-Jugend Bundesligamannschaft der JSG Lit 1912 verantwortlich – sollte es wissen.

Seitliches Springen: Paul-Lennart Hellmann (l.) und Thoren Höner machen’s vor, Franz Holznagel (r.) ist gleich an der Reihe.

Die Übungen gingen die Spieler von Trainer Malte Mischok und Sportvorstand Rene Grohmann entsprechend gewissenhaft an. Dabei ging es um Mobilität im Sprunggelenk, Standfestigkeit, Gleichgewicht auf einem Bein, seitliches Springen und Schulterstärkung. „Wir haben dieses
Training nach der langen Pause ,ganz bewusst mit ins Programm genommen. So bekommen wir aufgezeigt, worauf wir den Fokus in den nächsten Wochen und in der zweiten Phase der Saisonvorbereitung legen müssen“, erklärt Mischok, der nicht verhehlt, dass er einen „riesen Respekt“ davor hat, „wenn es auf dem stumpfen Hallenboden wieder richtig zur Sache geht.“ Von der Maßnahme ist der HSG-Coach jedenfalls überzeugt: „Das ist eine richtig gute Sache zur Prävention von Verletzungen und eine Teambuildingmaßnahme in einem. Ich bin froh, dass wir das hier machen können.“

Das ist nicht mal übertrieben, denn Niels Pfannenschmidt und seine Mitstreiter vom Präventionszentrum OWL sind in diesen Tagen, in denen die Sportler nach der schier ewig langen Pause nach Wettkampfsport lechzen, sehr gefragt. Einen weiteren Termin hat der erfahrene Handballtrainer zum Beispiel bei den Fußballern der FT Dützen. „Die Übungen lassen sich Sportart übergreifend anwenden. Prinzipiell geht es ja darum, den Trainern für die folgenden Einheiten etwas an die Hand zu geben und ihnen zu zeigen, wo sie nach der langen Pause mit ihren Spielern stehen und wie sie die Defizite aufholen können, ohne dabei die Gefahr von Verletzungen zu erhöhen.“

»Diese Ambitionen sind in Spradow definitiv gegeben«

Einer, der schon etliche Saisonvorbereitungen mitgemacht hat, ist Johnny Dähne, Spradows neuer Torhüter. Der 39-Jährige bringt die geballte Erfahrung von unzähligen Spielen in der 2., 3. und Oberliga mit. „Meine Hauptmotivation ist, dass ich so mit der Corona-Pause nicht aufhören wollte. Ich möchte noch ein bisschen ambitioniert weiterspielen und diese Ambitionen sind in Spradow definitiv gegeben“, betont Dähne. Seinen Torwartkollegen Julian Scholz kennt er übrigens schon, „seit er als kleiner Junge in Jöllenbeck neben Jörn Böckstiegel mit auf der Bank saß. Dass ich jetzt mit ihm zusammenspiele, freut mich besonders“, lacht Johnny Dähne. Der Routinier war dann auch einer der ersten Gratulanten bei Julian Scholz nach dessen Energieleistung im Steigerungslauf. Letzterer übrigens wird – trotz des Lobs seiner Teamkollegen – wohl vorerst weiter im Tor stehen.

Anerkennung: Neuzugang Johnny Dähne gratuliert Julian Scholz zu dessen Energieleistung im abschließenden Steigerungslauf.