Happy End nach wilder Achterbahnfahrt

Direkter Vergleich: Die Spenger mit Joel Schulz (M.) hatten im ersten Derby der Saison deutlich mit 36:25 die Nase vorn, das Rückspiel in der Siegfried-Moning-Halle konnte dann aber die HSG Spradow – hier mit Daniel Langer (l.) Silas Rauschen (r.) – für sich entscheiden. FOTO: ULRICH FINKEMEYER

Handball: Der TuS Spenge II und die HSG Spradow können auch in der nächsten Saison in der Verbandsliga an den Start gehen, müssen aber ihre Schlüsse ziehen.

Von Andreas Gerth Herford. Für beide wäre es noch ein heißer Tanz gegen den Abstieg geworden. Mittlerweile aber können die beiden Herforder Handball-Verbandsligisten TuS Spenge II und HSG Spradow aufatmen: Die vom Handballverband Westfalen getroffene Entscheidung zum Saisonabbruch ohne Absteiger beschert ihnen–als Zwölfte rund Dreizehnter der Abschlusstabelle – den Klassenerhalt.

TuS Spenge II „Ich hätte mir ein bisschen mehr gewünscht“, gibt Stefan Dessin mit Blick auf Platz 12 und 13:25 Punkten unumwunden zu. Dass seine Mannschaft als Aufsteiger keine Bäume in der Verbandsliga ausreißen würde und ohnehin nur den Klassenerhalt als oberstes Ziel im Visier hatte, war von vornherein klar, „doch dass wir uns besonders auswärts so schwer getan haben, verstehe ich gar nicht“, legt Spenges langjähriger Trainer den Finger in die Wunde. Zehn Pluspunkte spielte der Aufsteiger in eigener Halle ein, für die Auswärtsbilanz mit 3:19 Zählern hat Dessin dagegen nur wenige Worte übrig: „Erschreckend und enttäuschend!“

Spenges Drittliga-Reserve startete vielversprechend, gewann das Auftaktspiel gegen Emsdetten II (30:27) und fegte die HSG Spradow im Derby, nicht zuletzt dank Max Mühlenweg (zehn Tore), mit 36:25 von der Platte. Auch das dritte Heimspiel gegen die HSG Hüllhorst (29:26) wurde gewonnen, doch der weitere Saisonverlauf entwickelte sich für Spenge II zu einer zähen Angelegenheit. „Vor allem in der Rückrunde haben wir Probleme gekommen und sind in eine Drucksituation geraten. Das war für einige unserer Spieler mental dann doch etwas anderes als im Aufstiegsjahr und ist zur Kopfsache geworden“, so Dessin, der das Abrutschen in die Abstiegszone gerne vermieden hätte.

Umso wichtiger waren für das Team um Jannis Vogt, Alexander Preece und Joel Schulz im Februar die Heimsiege gegen ASV Senden (30:28) und Steinhagen (31:24). Und nach dem vorzeitigen Saisonende mit Happy End durfte schließlich auch Stefan Dessin aufatmen: „Aus sportlicher Sicht können wir mit der Entscheidung natürlich gut leben. Als Trainer hätte ich es aber gerne etwas ruhiger gehabt.“

Der seit 1998 fast durchgängig in Spenge aktive Engeraner hat mit Blick auf die kommende Spielzeit noch einige Fragezeichen vor Augen. „Wir sind dabei Trainingspläne auszuarbeiten und Testspiele zu vereinbaren, wissen aber nicht, ab wann wir wieder in die Halle können. Hinter zwei Spielern stehen noch Fragezeichen, ansonsten wird die Mannschaft so zusammenbleiben“,blickt Stefan Dessin schon einmal vorsichtig voraus – auf eine hoffentlich für alle Beteiligten ruhigere Saison.

HSG Spradow Den Saisonstart verpatzt, dann den späteren Meister TSG Harsewinkel geschlagen, in Abstiegsgefahr geraten, den Trainer gewechselt und im ersten Spiel mit dem neuen Coach einen Derby sieg gegen Spenge II gefeiert: Für die HSG Spradow glich die Saison einer wilden Achterbahnfahrt mit Höhen, aber deutlich mehr Tiefen und einem Happy End: Die Bünder können auch in der nächsten Saison in der Verbandsliga an den Start gehen.

„Die Mannschaft war in ihren Leistungen einfach nicht stabil und gefestigt genug“, bringt Malte Mischok das sprunghafte Auf und Ab auf den Punkt. Das HSG-Urgestein – über 20 Jahre als Spieler und Trainer – hatte die Mannschaft um Torhüter Sören Halstenberg, Frederik Iffland, Dennis Borcherding, Paul Lennart Hellmann, Marius Mühlbeier, Silas Rauschen und Maurice Schirge im Februar übernommen, als sie mit dem Rücken zur Wand stand und auch das Kellerduell in Steinhagen verloren hatte. Mit Mischok erkämpfte das verunsicherte Team ausgerechnet im Derby gegen Spenge II (24:23) den ersehnten Befreiungsschlag und holte immerhin 3:5 Punkte, ehe die Saison erst unterbrochen und schließlich abgebrochen wurde – mit der HSG Spradow als Tabellen vorletzter bei 13:25 Punkten.

„Nach dem Sieg im Derby war ich optimistisch, doch dass die Mannschaft nicht gefestigt war, hat man bei der anschließenden Niederlage in Hüllhorst gesehen – das war ein Spiegelbild der gesamten Saison“, verdeutlicht der 46-Jährige, der bereits in der vergangenen Saison nach der Trennung von Markus Hochhaus eingesprungen war. „Das beste Spiel unter meiner Regie war das letzte bei Tabellenführer Harsewinkel. Dort hat die Mannschaft am Ende mit drei Toren verloren, das Spiel aber sehr lange offen gehalten und gezeigt, was sie eigentlich auf die Platte bringen kann. Deshalb denke ich, dass wir auf einem guten Weg waren, die Klasse aus eigener Kraft zu halten“, betont Malte Mischok.

Im Endeffekt profitiert der Tabellen vorletzte, der den direkten Vergleich gegenden punktgleichen TuS Spenge II verloren hatte, davon, dass es am Ende dieser außergewöhnlichen Spielzeit keine Absteiger gibt. „Daraus müssen wir natürlich unsere Schlüsse ziehen, zum Beispiel, dass es Spieler gab, die mit der Drucksituation nicht umgehen konnten“, so Mischok. Wie das HSG-Team in der nächsten Saison aussieht, ist noch nicht abschließend geklärt. „Einige Spieler werden sicherlich gehen“, lässt das HSG-Urgestein schon einmal durchblicken, möchte das personelle „Feintuning“ jedoch lieber den Sportlichen Leitern Julian Brandt und Rene Grohmann überlassen. Ein Ziel dürften die Verantwortlichen dabei mit Sicherheit vor Augen haben: Nicht noch einmal eine Saison wie diese.

Urgestein und Feuerwehrmann: Malte Mischok hätte den Klassenerhalt mit Spradow gerne aus eigener Kraft geschafft. FOTO: ULRICH FINKEMEYER

Vereine müssen sich bis 20. Mai äußern • Mit den Abschlusstabellen im Handballkreis BI-HF ist nicht mehr als eine grobe Basis für die Planung der nächsten Spielzeit gelegt. Denn die durch die Wildcard-Regelung erweiterten Aufstiegsmöglichkeiten müssen von den Vereinen erst bestätigt werden. Bis zum 20. Mai müssen sich die Klubs äußern. • Doch auch, wenn am 20. Mai alle Meldungen beisammen wären, ist die Planung der neuen Spielzeit kompliziert. Wer weiß schon, wann die Kommunen die Sporthallen wieder öffnen? Vielleicht Ende August? Und nach Wiederöffnung der Hallen brauchen die Mannschaften ja auch eine Vorbereitung, sie können ja nicht einfach mit dem Spielbetrieb anfangen. • Daher müsste – nicht nur auf Kreisebene – in den vergrößerten Ligen und Staffeln auch eine alternative terminliche Saisonplanung erstellt werden, die von der klassischen Variante mit Hin- und Rückspielen abweicht. Es bleibt also viel Arbeit.

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